Gedanken zum Sonntag

14. Sonntag nach dem Trinitatisfest


12. Sonntag nach dem Trinitatisfest


11. Sonntag nach dem Trinitatisfest


10. Sonntag nach dem Trinitatisfest

Sinai
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Dieser Sonntag heißt auch Israelsonntag. Während in der Vergangenheit an diesem Tag die vermeintliche Überlegenheit des Christentums demonstriert wurde, stehen heute die Aufarbeitung auch der kirchlichen Mitschuld und die Trauer über das Unrecht, das den Juden angetan wurde, sowie die heutigen guten Beziehungen zwischen Juden- und Christentum im Vordergrund.

Der Israelsonntag liegt zeitlich in der Nähe zum 9. Tag des jüdischen Monats Aw. Im Judentum gedenkt man an diesem Tag der Zerstörung sowohl des salomonischen Tempels durch die Babylonier 586 vor Christus als auch des herodianischen Tempels durch die Römer im Jahr 70 nach Christus.

Als Saulus vor Damaskus zum Paulus wurde, als aus dem Christenhasser der Begeisterte für die Sache Jesu wurde, stand der Tempel noch. Aber die Frage für Paulus war schon, ob Gott noch zu dem Volk Israel steht, ob die Zusagen, wie wir sie im Buch Exodus lesen, noch stimmen.

Im 11. Kapitel des Römerbriefes sagt Paulus es ganz klar: „Und so wird ganz Israel gerettet werden!“ (Rö 11, 6) Und zwar dann, wenn alle Heiden gerettet sind, so die Aussage des Paulus. Gottes Barmherzigkeit gilt allen, Gott selbst wird die Juden retten, nicht wir Christen, nicht die Kirche, die Rettung hat er sozusagen zur Chefsache erklärt.

Gott bleibt sich treu, er bleibt seinem Ja zu Israel treu - und er bleibt auch dem Ja zu uns, ausgesprochen bei unserer Taufe, treu. Gott irrt sich nicht, er bleibt barmherzig, auch wenn wir untreu werden Gott gegenüber und unbarmherzig zu anderen und zu uns selbst.

Weil Gott dem Volk Israel treu bleibt, sind wir Christen es auch! Deshalb ist es unsere Aufgabe, dass wir uns gegen jede Form von Antisemitismus einsetzen.

Der Israelsonntag zeigt deutlich, dass Gott einen Plan hat, der über uns einzelne Menschen weit hinausragt. Wir kreisen ja oft um uns selbst und meinen, alle anderen - und Gott - müssten das auch tun. Gott aber zieht einen großen Kreis um alle und keiner bleibt außen. Vielleicht hilft uns dieser Gedanke manchmal, wenn wir uns zu wichtig nehmen. Wir sind Gott wichtig, sein Ja bleibt, aber wir sind Teil seines ganz großen Plans, Gott hat uns alle im Blick!

Bleiben Sie behütet und gesund,
Ihre Pfarrerin Martina Buck


9. Sonntag nach dem Trinitatisfest

Goldfische
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Die Reformation ist jetzt über 500 Jahre her. Nach einem halben Jahrtausend ist klar, dass wir als Christen alle berufen sind. Wir sollen nicht nur passive Zuhörer sein, sondern wir sind gerufen mit unserem Leben die Barmherzigkeit Gottes sichtbar zu machen. Jetzt nach einem halben Jahrtausend ist diese Aufgabe besonders wichtig. Um unsere Aufgabe aus einer neuer Perspektive verstehen zu können, lade ich euch zu einer kleinen Reise ein.

Dieses Jahr darf man zwar nicht real nach Bosnia-Herzegovina, nach Südosteuropa reisen, aber wohin wir in Gedanken reisen, kann uns keiner verbieten. Dieses Land hat auch ein kleines Stück am wunderschönen Adriatischen Meer. Aber lasst uns jetzt zu einem See reisen. Bei einem Dorf mit Namen Jezero liegen mehrere Seen. Bei einem kleineren See liegt ein schöner Hof mit einem schönen Haus. Im See sind goldene Fische. Zwei junge Männer mit großem Fachwissen füttern sie und regelmässig fischen sie einige für ein Aquarium heraus. Sie handeln mit diesen Fischen und viele kleine Kinder verlassen diesen Hof fröhlich mit ihrem neuen Fisch.

Der Hof ist fröhlich und von einer traumhaften Natur umgeben. Wenn man genauer hinschaut, sieht man im Dorf auch noch einige Ruinen. Lass uns die junge Männer fragen: Wie klingt die Geschichte dieses Dorfes? Was sie erzählen, ist traurig und erschreckend…und nicht nur das… Das Dorf lag nach dem Bosnienkriege zwischen 1992-1995 in Trümmern. Mehrere tausend Menschen haben ihr Leben verloren. Aber woher haben sie dieses schöne, hübsche Haus und die Fische? Ihr Vater hat ihnen 1990 zwei Goldfische geschenkt. Zwei Jahre später mussten sie mit ihrer Mutter mitten in der Nacht fliehen. Der Vater ist zurückgeblieben, um zu kämpfen und leider schnell im Krieg gefallen. Die Mutter hat sich zurück geschlichen um ihren Mann zu beerdigen und aus dem Haus zu retten, was zu retten war. Sie hat sich auch der beiden Fische erbarmt und sie in den See geworfen. Als sie 1995, also drei Jahre später, nach Hause kommen konnten, war das Haus nicht mehr wiederzuerkennen. Der See aber glänzte von den Fischen. Die halb verwaisten Jungs haben schnell verstanden, dass ihr Vater sich auf diesem Weg um sie gekümmert hat. Sie haben die Goldfischzüchterei weiterentwickelt. So konnten sie das Haus renovieren.

Es ist schmerzhaft, aber wir müssen annehmen, dass die Welt mit ihrer gesamten Bevölkerung und Wirtschaft die zerstörerische Kraft des Virus erlebt. Manche Sachen werden sich ändern. Es mag sein, dass die Zerstörung noch nicht zu Ende ist. Danach kommt aber Leben, pflanzen und bauen. Wir dürfen mit Gottes Vertrauen im Herzen durch diese Krise gehen. Diese Perspektive bereichert heute unsere Aufgabe. Wir sind tätig in ganz unterschiedlichen Bereiche, aber uns trägt die gleiche Hoffnung. Wir dürfen uns in Hoffnung und Zuversicht stärken. Am Ende wird der Teich mit den Fischen auf uns warten.

Bleiben Sie behütet!
Ihre Vikarin Eszter Huszar-Kalit


8. Sonntag nach dem Trinitatisfest


7. Sonntag nach dem Trinitatisfest

Kreuz
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Der 7. Sonntag nach Trinitatis hat in seinem Mittelpunkt das Brot des Lebens, Jesus Christus, der sich uns im Abendmahl, in der Gemeinschaft oder durch das Wort und den persönlichen Glauben schenkt. Im Abendmahl dürfen wir erleben, dass wir zu ihm mit unseren Sorgen, Ängsten, unserem schweren Gewissen kommen. Er tritt zu uns in der Abendmahlliturgie. In den Einsetzungsworten hört man immer wieder seine Tragödie, aber auch die heilende Katharsis. „Mein Leib, der für euch gegeben wird…Das Blut des neuen Testaments…“ Diese heilende Kraft berührt uns und schenkt uns barmherzig einen neuen Beginn. Er schenkt uns nicht nur die Befreiung, sondern auch die Gemeinschaft derer, die seine Heilung erleben. Er einigt uns trotz aller Unterschiede. Wir gehören nicht nur zu verschiedenen Nationen, sondern wir gehören auch zu ihm.

Der dreifache Aufruf aus dem Brief an die Hebräer klingt irgendwie bekannt. Man sollte irgendwie immer gastfreundlich sein und die Misshandelten unterstützen… Immer wieder die Gemeinschaft bauen. Als ob das so einfach wäre?! 2015 spürten wir die Probleme des Nahen Ostens hautnah und Europa wurde auf die Probe gestellt. Wie weit können wir gastfreundlich sein? Es ist nicht immer so einfach. Jetzt in der Corona -Zeit hat eine andere große Probe ihren Anfang genommen. Wegen der Ansteckungsgefahr ist Distanz angesagt. Einige Begegnungen, größere Treffen sind nicht empfehlenswert. Auf die Nähe des Händeschüttelns und der Umarmung müssen wir verzichten. Wie soll man so Gemeinschaft erleben? Ich lerne seit ein paar Jahren, wie wichtig und bereichernd der Austausch mit Fremden trotz aller Schwierigkeiten sein kann. Der Philosoph Martin Buber sagt, eigentlich kann ich mich selber nur durch den anderen, durch ein Gegenüber richtig erkennen. Der Philosoph Emmanule Levinas geht noch einen Schritt weiter. Dieser Andere bleibt teilweise fremd. Doch nur durch die Begegnung mit dem Fremden kann ich mich weiterentwickeln. Im Unbekannten kann man das Antlitz Gottes, mit seinem reichen Geheimnis erleben. Diese Gastfreundschaft ist aber ein Schlüssel zur Zukunft. Diese Begegnungen schenken uns eine neue Perspektive, die uns Gottes Plan mit unserem Leben näher bringt. Wir überdenken unsere gewohnten Regeln und entdecken Raum für neue Freiheit, für Wachstum. Wenn wir den Fremden, den Gefangenen oder Bedürftigen treffen oder sogar helfen, lernen wir durch diese andere Perspektive unser Leben zu schätzen. Wir teilen auch die Gaben, die wir haben. Wenn eine Begegnung aber nicht stattfindet oder herausfordern ist, ist es immer wieder gut zum Meister der Begegnungen zurückzukehren. Ohne Abendmahl ist es schwieriger seine heilende Kraft näher zu erfahren. Ich bin mir aber sicher, er schafft es jetzt trotz Corona die Menschen zu berühren und zu einigen. Sein Wort tröstet und stärkt uns. Er schenkt uns seine Einheit durch sein Wort.

Bleiben Sie behütet!
Ihre Vikarin Eszter Huszar-Kalit


6. Sonntag nach dem Trinitatisfest

Neues Lied
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„Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder!“
Dieses Wort aus dem 98. Psalm ist eine klare Aufforderung! Doch, wo finden wir ein neues Lied? Ist ein neues Lied eines, das nach 1960 geschrieben wurde? Oder ist das auch schon wieder alt?

Dietrich Bonhoeffer gibt in einer Predigt aus dem Jahr 1934 eine andere Richtung vor. Es geht nämlich nicht um das Entstehungsjahr eines Liedes.

„Neu ist dasjenige Lied, das den Menschen neu macht, das aus Dunkelheit und Sorgen und Angst hervorbricht zu neuer Hoffnung, neuem Glauben, neuem Vertrauen.  Neu ist das Lied, das Gott selbst neu in uns erweckt - und ob es ein uraltes Lied wäre -, der Gott, der sich, wie es bei Hiob heißt, „Lobgesänge schafft mitten in der Nacht." 

Der Mensch wird neu, findet neue Hoffnung, neuen Glauben, kann neu vertrauen. Das ist das Kriterium für das neue Lied und nicht ein Entstehungsjahr. Neues kann im Menschen entstehen, wenn er Lobgesänge in der Nacht singt. Wie Paulus und Silas im Gefängnis, die inmitten der Nacht Gott loben können. In all ihren Schmerzen, in der Sorge um ihre Zukunft, vermögen die beiden es, auf Gott zu blicken und ihm zu singen, ihn zu loben. Weil Gottes Liebe sich nie einsperren lässt.

Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder! Das, was der Psalmdichter 500 Jahre vor Paulus schreibt, wird wahr: Die Fesseln fallen ab von Paulus und Silas, die Türen öffnen sich. 

Wenn wir Freiheit erfahren, von Gott befreit werden, dann singen wir ein neues Lied: Es ist das Lied von Jesus Christus, so schreibt es Dietrich Bonhoeffer, das Lied vom Sohn Gottes, der die Menschen befreit von Krankheit und Schuld.

Wir sind eingeladen, dieses Lied immer wieder selbst zu singen. Auch wenn wir meinen, dass wir in der Dunkelheit feststecken. Bei unserer Taufe hat Jesus Christus uns zugesagt, dass er bei uns ist alle Tage, egal was auch kommen wird. Diese Gewissheit, dass wir nie alleine sind, auch im größten Leid nicht, kann uns neue Wege eröffnen. Vielleicht ist es nur ein Schritt, aber es ist Bewegung und ein Neubeginn, mit einem Lied auf den Lippen.

Bleiben Sie behütet und gesund, 
Ihre Pfarrerin Martina Buck


5. Sonntag nach dem Trinitatisfest

See
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Die Jünger und die ganze Gemeinde da am See hatten großes Glück, Jesus so nahe zu sein, seine Kraft so selbstverständlich zu spüren…

So ist es einfach Jesus zu folgen. Wir kennen mehr das Gefühl von Petrus. „Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen.“ Diese Corona Zeit scheint für viele so eine mühsame, erfolglose Nacht zu sein. Kurzarbeit, nur wenige Stunden, nur wenig Geld; immer noch Home Office. Es fehlt an allem, was wir gewöhnt waren. Die Begegnungen, die Besuche im Altenheim.

Am schwersten fühlt es sich für mich an, mit der Angst zu leben. Was ist, wenn die zweite Welle kommt? „Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen.“ Für den Herrn, für Jesus ist alles bekannt. Er weiß wahrscheinlich ganz genau, dass die Fischer in der Nacht nichts gefangen haben. Er bleibt nicht bei dem Problem, er hat einen anderen Plan: „Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus!” Petrus ist müde und verzweifelt, weil sein Tageslohn ohne Fische jetzt wegfällt. „Aber auf dein Wort hin will ich die Netzte auswerfen.” Auf dein Wort… Dieser Punkt ist der Drehpunkt. Auf dein Wort. Trotz vieler negativer Erfahrungen, trotz meiner Zweifel, ja, ich fahre los. Ich traue deinem Wort.

Dieses Wort wird uns heute auch geschenkt. Jesus steht hier nicht ganz so selbstverständlich, wie damals beim See, aber sein Wort ist klar und hörbar. Jede Woche oder immer wieder, wo wir es finden, wenn wir es suchen. In der Bibelapp, in der Tageslosungsapp, in Online-Andachten, Sonntags geschrieben oder hörbar. Das Wort Jesu bringt Bewegung ins Leben. Er sagt zu Petrus: „Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fangen.” Was er machen soll, ist seinem ursprünglichen Beruf ähnlich und doch anders: Menschen lebendig für das rettende Wort Gottes gewinnen.

Keiner von uns kann hundert-prozentig alles wissen, verstehen, aber jeder darf sich einlassen, seine Problemen loslassen. Die Bewegung ist ein wichtiges Merkmal der Nachfolge Jesu: sich auf sein Wort einlassen und sich in Bewegung bringen. Der Herr will uns nicht in unseren Sorgen versinken lassen. Er schickt uns zueinander. Er gibt uns eine Aufgabe. Wir begleiten einander und gemeinsam entdecken wir neue Lösungen, neue Perspektiven.

Ihre Vikarin Eszter Huszar-Kalit


4. Sonntag nach dem Trinitatisfest

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Wieder mal waren die Kirchen in den Schlagzeilen: Die Kirchenaustritte sind gestiegen! Nicht wenige sagen, dass die Kirchen dem Untergang geweiht sind.

An diesem 4. Sonntag nach Trinitatis geht es darum, wie der Glaube im Alltag gelebt wird, wie Kirche erkennbar sein soll. Die Stichworte dazu: Nächstenliebe und Feindesliebe!

Im Evangelium des Sonntages ruft Jesus zur Barmherzigkeit auf, im Wochenspruch aus dem Brief an die Galater sind wir aufgerufen, einander die Lasten zu tragen. Paulus geht im Brief an die Römer dann noch einen Schritt weiter, er ruft zur Feindesliebe auf, zur Liebe denen gegenüber, die uns Böses wollen. Er ruft dazu auf, das gute zu tun, denn sonst überwindet uns das Böse. Dann gehen wir selbst unter, weil wir nicht mehr von guten Mächten wunderbar geborgen sind, sondern von bösen Gedanken, vom Hass, der Gleichgültigkeit.

Nächstenliebe und Feindesliebe, daran soll man die Christen erkennen, daran also, dass aus Wüsten Gärten werden, weil ein Mensch den anderen sieht, wie es in einem Kirchenlied heißt.

Viele Menschen, die heute in die Kirche kommen, die ihr Kind zum Beispiel zur Taufe bringen, fragen danach, was Gott für sie tun kann. Die Frage umgekehrt, was wir für Gott tun können, wird weniger gestellt, aber die Fragen gehören zusammen. Denn der Glaube führt zur Tat, führt in den Alltag, führt, so die Aufforderungen dieses Sonntages, zur Nächsten- und zur Feindesliebe. Das hat die frühen Christen ausgezeichnet, dass der Umgang in der Gemeinde und zu den Menschen außerhalb der Gemeinde von Liebe geprägt war, von einer Liebe, die sich nicht abfindet mit den Trennungen in arm und reich, in unten und oben, in krank und gesund, in Freund und Feind.

Die Coronakrise zeigt, dass es heute viele gibt, die nicht nach dem Leben der anderen fragen, die ich mit dem Gebrauch einer Maske zum Beispiel mitschützen kann, sie fragen alleine nach ihrer persönlichen Freiheit.

Hier gilt es, solidarisch zu bleiben, erkennbar und deutlich als Kirche und als einzelne füreinander einzutreten und die Lasten zu tragen.

Bleiben Sie behütet und gesund, 
Ihre Pfarrerin Martina Buck


3. Sonntag nach dem Trinitatisfest

Rembrandt Die Heimkehr des verlorenen Sohnes

Wie ist Gott? Wie kann er gleichzeitig gerecht und barmherzig sein? In erster Linie ist er jemand, der uns kennt. Wir mögen nicht über unsere Schwierigkeiten erzählen, am liebsten würden wir sie gerne vergessen, sogar unter den Teppich kehren. Wir können auch ganz gut erklären, was und warum ist es so, und eigentlich können wir nichts dafür. Da haben wir einen Gott, der uns anschaut und auch Jahrzehnte später, weißt er ganz genau, was in unserem Leben falsch oder traurig gelaufen ist. Vor ihm können wir uns nicht verstecken. Am besten ist es, mit ihm ehrlich zu sein. Darauf wartet er. Er hat uns von Anfang an für ein Leben in Vollkommenheit geschaffen und will diese Wunden, die tief in uns liegen, nicht stehen lassen. Er will immer wieder Heilung. Er mag keine einfache Kompromisse, er will Heilung. Trotz seines Zorns und seiner Enttäuschung wegen Ungerechtigkeit will Gott das Leben auf der Erde nicht auslöschen. Er kennt auch unsere persönlichen Wunden und will sie heilen.

Es ist wunderschön, mit welcher Leidenschaft er schon im Bericht des Alten Testaments Schulden und Sünden löschen, vernichten möchte. Ja, es stimmt, dass die Heilung ein langer Prozess ist. Er will eines ganz klar am Anfang sagen. Ich, der mächtige Gott, vertraue dir und weiß, Du kannst dich ändern. Du kannst ohne deine Schuld dein Leben gut gestalten. Sein Vertrauen an uns ist sein Anfang. Auf dem Weg des Aufräumens, wo wir Schmerzen loslassen und Schuld bereuen, hat Gott uns ein unerlässliches Gegenüber, einen Begleiter geschenkt. Unser Herr Jesus Christus hilft uns, diese manchmal schmerzhaften Änderungen durchzukämpfen. Nicht nur das Gebet, das Wort Gottes, sondern gerade das Abendmahl ist immer wieder eine Stärkung: im Abendmahl steht mir Jesus Christus gegenüber und erinnert mich immer daran, er ist auf meiner Seite in diesem Kampf für das Gute. Er ist mitleidend und befreiend neben mir.

Ihre Vikarin Eszter Huszar-Kalit


2. Sonntag nach dem Trinitatisfest

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Komm doch mal her! Diese Aufforderung kann unterschiedlich klingen: Mal drohend, wenn einen der Chef oder die Lehrerin her zitiert. Mal bittend, weil jemand Hilfe braucht. Oder es ist eine Einladung: Komm, ich lade dich zum Essen ein! Lass es dir gut gehen!

Im Evangelium ruft Jesus die Mühseligen und Beladenen zu sich, er lädt sie ein zu kommen. Wir würden vielleicht erwarten, dass er hingeht zu den Bedürftigen. Aber es ist genau umgekehrt, er bringt die, die meinen, nichts mehr zu können oder nichts mehr wert zu sein, in Bewegung, er lässt sie nicht sitzen in ihrer Ausweglosigkeit. Ich bin davon überzeugt, dass Jesus jedem die Kraft für diesen Weg, und wenn es nur die Kraft für einen Schritt sein mag. So gibt Jesus jedem Menschen seine eigene Würde zurück.

„Ich will euch erquicken, ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen!“
Jesus fragt nicht, warum wir schwach sind, warum wir schuldig werden, wenn Menschen bei ihm sind, dann zählt nur noch diese Verbindung. Die Seele kann Ruhe finden, weil wir nicht länger nach Bestätigung oder Liebe suchen müssen, wir müssen nicht mehr hadern mit Gott und der Welt, sondern finden zur Ruhe, die nicht wir selbst uns schaffen müssen.

Ikone
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Und die Seele wird erquickt, neu belebt, weil ja die Seele zur Ruhe kommen mag, aber unser Körper soll durchaus aktiv: Jesus schickt uns ja dann in die Welt, um von ihm zu erzählen und um zu helfen und Nächstenliebe zu üben. Aber zuerst ruft er uns zu sich. Und nicht umgekehrt.

Wo können wir Jesus begegnen? Wo finden wir ihn heute?

„Kommt her, ihr seid geladen“, das Wochenlied weist uns den Weg zum Abendmahl, der uns leider im Moment verwehrt ist. Die Ikone auf der Seite nebenan zeigt uns einen anderen Weg, um zu Jesus zu kommen: Jesus legt seinen Arm um seinen Freund. Ich darf diesen Bild anschauen und mich an die Seite Jesu denken und spüren, dass er seinen Arm um mich legt und mit mir geht.

Oder wir Menschen sprechen die Einladung Jesu an seiner Stelle aus: „Komm, ich lade dich heute zum Essen ein, ich sehe, dass es dir gerade nicht gut geht.“ Nehmen wir die Einladung an! Kommt her!

Bleiben Sie behütet und gesund, 
Ihre Pfarrerin Martina Buck


1. Sonntag nach dem Trinitatisfest

Gedeckter Tisch auf der Konfifreizeit in Obing 2019
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Ein Kind sitzt im Sandkasten mit einem Berg von Spielsachen: Schaufeln und Bagger und Sandförmchen und Gießkännchen und Eimer. Ein zweites Kind kommt, es hat gar kein einziges Spielzeug dabei. Und obwohl das erste Kind ja nur mit zwei Förmchen gleichzeitig spielen kann, gibt es nichts ab. Das zweite Kind fängt an zu weinen, Erwachsene reden mit Engelszungen auf das Kind mit den Spielsachen ein. Doch es gibt nichts von seinem Besitz ab. 

So können Kinder sein. Aber nicht nur so: Dasselbe Kind wird vielleicht am selben Abend mit seiner Oma am Tisch sitzen, und ihr – Löffel für Löffel – von seinem Lieblingsjoghurt abgeben. Nicht weil die Oma diesen Joghurt unbedingt haben will, sondern weil das Kind diesen unbedingt mit seiner Oma teilen möchte. Um ihr zu sagen: So lieb habe ich dich, dass ich dir von meinem Lieblingsessen abgebe.

Wir schwanken zwischen Sandkasten und Joghurt, zwischen großzügigem Teilen und Festhalten am Besitz, egal, wie es dem anderen geht.

Die Geschichte von der Gemeinschaft der ersten christlichen Gemeinde aus der Apostelgeschichte lehrt uns, den Blick wegzunehmen von dem, was wir an materiellem Besitz haben. Die Geschichte lenkt unseren Blick auf die Menschen neben uns. Ein Herz und eine Seele sein, wie von der ersten Gemeinde berichtet wird, das geht nur, wenn wir einander nahe kommen, wenn auch die, die weniger haben und unsere Hilfe brauchen, uns nahe kommen können und wir auf sie sehen und nicht nur auf uns und unsere Berge von (Spiel-)Sachen.

Und die Geschichte lenkt unseren Blick auf den inneren Reichtum, der uns von Gott geschenkt ist. Eine große Gnade war in der Gemeinde greifbar und spürbar, weil Christus auferstanden ist. Aus dieser Erfahrung der Fülle heraus teilen die Reichen ihren Besitz, damit kein Mangel herrscht. Innerer Reichtum zeigt sich auch im Teilen des materiellen Reichtums.

Aber es ist leichter, vom Mangel zu reden, über das, was uns gerade zur Zeit fehlt, worauf wir ein Anrecht hätten, was uns die anderen wegzunehmen drohen. Heute sind wir aber eingeladen, den Blick zu lenken auf das, was uns von Gott geschenkt ist. Und zu teilen, was den anderen dient.

Bleiben Sie behütet und gesund,

Ihre Pfarrerin Martina Buck


Trinitatisfest

Trinitatis

Die Sonne steht glühend heiß hoch oben am wolkenlosen Himmel. Wer immer kann, sucht sich ein schattiges Plätzchen. Inmitten dieser Einöde tut sich ein kleines Paradies auf, eine Oase mit einer Quelle frischen Wassers und einer Gruppe von schattenspendenden Bäumen. Einige Zelte sind aufgebaut und Mensch und Tier lagern auf dem Grün, dankbar für diese Möglichkeit. 
Eine kleine Reisegruppe, bestehend aus drei wildfremden Männern, ist gerade eben eingetroffen und sitzt schon mit ihrem Gastgeber bei einem Essen unter einem Baum und unterhält sich. Plötzlich heißt es: „ … übrigens wird deine Frau schwanger werden … “ Die hochbetagte Sara soll bald ein Kind bekommen! Gegen so viel augenscheinliche Unverhältnismäßigkeit hilf nur eines: das Lachen. 

Und Sara, die heimlich an der Zelttür lauscht, lacht kräftig. Das Wort der drei Männer kann man nur als Scherz auffassen, alles andere wäre entweder unmöglich oder verletzend. Nicht, dass Gott keinen Humor versteht, er hat ja schließlich uns Menschen erschaffen! Aber es scheint so, als könne er ganz und gar nicht darüber lachen, dass ihm Sara keinen Glauben schenken will. Wenn es um das Wohlergehen  und die Zukunft seiner geliebten Menschen geht, versteht Gott keinen Spaß. Sollte Gott etwas unmöglich sein? Plötzlich hat man es mit Gott zu tun. Das kann mitten im Alltag geschehen, gerade dann, wenn man es am Wenigsten erwartet. 

Die von Gott für diese Begegnung gewählte Verkleidung in die Gestalt dreier Reisender ist mehr als merkwürdig. In einzigartiger Weise werden hier die sonst so klar gezogenen Grenzlinien zwischen Gott und seinen Boten verwischt, so dass man zu dem Schluss kommen kann, dass die drei Reisenden nicht nur die Verkleidung Gottes sind. 
Darum hat man in der Alten Kirche sehr bald diese Geschichte als Offenbarung der Dreieinigkeit Gottes verstanden. Der eine Gott begegnet Abraham und Sara in der Dreifaltigkeit seines Wesens als Gott-Vater, als Gott-Sohn und als Gott-Heiliger Geist in den Gestalten dreier Reisender, wie es auf der Ikone in diesem Blatt abgebildet ist. 

Gott, der Vater, sitzt als der Vornehmste in der Mitte. Seine Würde und Hoheit wird auch an seinem herrschaftlichen Gewand ersichtlich. Blau gilt als die Farbe der Gottheit, die hier deutlich in den Vordergrund tritt. Er ist der Ursprung und der Schöpfer. Dafür steht der Baum, der auf den Baum des Lebens im Paradiesgarten hinweist. 
Der Vater ist fragend dem linken Engel zugewandt, der den Heiligen Geist repräsentiert. Bei ihm ist das göttliche Blau fast vollständig vom feuerroten Obergewand verdeckt. Es ist Gott, der Heilige Geist, der Menschen begeistert, damit sie Feuer und Flamme für die Sache Gottes werden. Er ist es, der die Christenheit in der Welt zur Gemeinschaf der Heiligen, zur heiligen und allumfassenden Kirche sammelt. Darauf deutet das Haus hin, das ihm zugeordnet ist.  
Der Heilige Geist wiederum verweist mit segnender Hand auf den Sohn, der von uns aus gesehen „zur Rechten des Vaters“ sitzt. Neben das göttliche Blau tritt bei ihm das irdische Grün, was auf seine Menschwerdung hindeutet. Er ist wahrer Gott und wahrer Mensch. Seine Menschwerdung bewirkt aber auch, dass er ein kleines Stück abseits von den anderen beiden Engeln sitzt, deren Flügel sich sogar überschneiden. Christus hat die göttliche Herrlichkeit verlassen und hat sich in die Einsamkeit des Erdenlebens hineinbegeben, in die Verlassenheit von Gethsemane  und Golgatha. Der Berg im Hintergrund kann demnach als Hügel Golgatha gedeutet werden, auf dem der Sohn den Weg des Gehorsams bis zum bitteren Ende.


Pfingsten

Trinitatiskirche Fensterspiegelung Kerzenteller
Bildrechte Peter Buck

Unser Alltag hat sich stark verändert: Wir tragen Masken in der Öffentlichkeit, achten auf Abstände und meiden immer noch große Menschenansammlungen. All das, damit die Ansteckungsgefahr möglichst gering ist. Nein, wir wollen uns nicht anstecken mit dem Coronavirus!

Es gibt ein modernes Kirchenlied, das heißt: „Einer hat uns angesteckt mit der Flamme der Liebe!“ 

Das passt zu Pfingsten, denn der Heilige Geist will uns anstecken und erfüllen, Gott will, dass sich sein Geist ausbreitet in der Welt. Damals in Jerusalem hat es angefangen, ein Brausen kam vom Himmel und Petrus und die Apostel wurden vom Heiligen Geist erfüllt. Die Symptome dafür für die Außenstehenden: sie müssen betrunken sein, voll süßen Weins!

Be-trunken waren sie nicht, aber trunken von Feuer und Flamme, von Geist und Liebe, von Kraft und Hoffnung. Wie sooft lesen wir in der Bibel nichts über das Wie des Wunders, was da genau geschah, aber wir lesen von den Wirkungen: Petrus ging mit den Aposteln nach draußen, zu den Menschen, sie redeten zu ihnen. Der Geist Gottes brachte sie neu zusammen, und sie blieben dann auch zusammen in der Gemeinschaft, viele ließen sich taufen. Kirche begann.

Kirche mit Abstand
Bildrechte Peter Buck

Denn die Menschen wurden angesteckt mit der Flamme der Liebe, Gottes Geist breitete sich aus bis ans Ende der Welt. Bis zu uns heute. Bei unserer Taufe wurden wir schon mithineingenommen in die Wirkkraft des Geistes, bei der Konfirmation wird dieses Ja bei der Taufe verstärkt. „Komm, heilger Geist, mit deiner Kraft, die uns verbindet und Leben schafft!“, dieses Lied gehört zur Konfirmation, es gehört auch zu jedem Beginn eines neuen Dienstes in einer Kirche.

Lassen wir uns heute neu anstecken und begeistern! Bei Corona fürchten wir eine Ansteckung, wir tun alles, um sie zu vermeiden. Bei Gottes Geist soll es gerade umgekehrt sein! Wir brauchen doch Gottes Kraft und Trost so nötig, deswegen beginnen ja so viele Pfingstlieder mit dieser klaren Aufforderung: Komm, heilger Geist! Vertrauen wir darauf, dass er zu uns kommt. Und dann durch uns hindurch zu anderen, Stecken wir andere an mit unserer Be-Geist-erung!

Bleiben Sie behütet und gesund,

Ihre Pfarrerin Martina Buck


Audiobotschaft von Pfarrerin Martina Buck und Pfarrer Ulrich Kampe:


Pfingstandacht auf kirchenjahr-evangelisch.de

Einen Vorschlag für Gebet und Andacht zu Pfingsten finden Sie hier.


Exaudi

Taufbrunnen am Schwanberg
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Wenn die Gefahr für das Leben so groß wird, dass wir auf die meisten Beschäftigungen unseres Lebens verzichten müssen, dann bleibt nur die Familie, manchmal die ganz engen Freunde und Nachbarn. Wir sind auf einander angewiesen. In manchen Fällen wurde den Familien allzu große Last aufgebürdet.

Aber Schritt für Schritt zeigt sich, dass der Bund der Familie trotz aller Empfindlichkeit eine unzerbrechliche Stärke hat. Er ist ein Bund. Er wird oft umgeschrieben, neugeschrieben, aber er hält uns zusammen. Dieser Bund gibt seinen Mitgliedern Stärke und Sicherheit.

So einen Bund hat Gott mit der Menschheit geschlossen. Es war schon am Anfang der Corona-Zeit schön zu bemerken, wie auf immer mehr Fenstern bunt gemalte Regenbögen erschienen. „Alles wird gut.“ Nach vielen tausend Jahren erklingt der bunten Trost Gottes, der damals für Noah und die Natur gesprochen wurde, immer noch. Wir brauchen immer wieder die Versicherung, dass es Gott mit uns gut meint und uns nicht verlassen hat.

Mitten in dieser krisenhaften, die Seele belastenden Zeit, kam als weiterer Zuspruch die Flamme der Osterkerze. Keiner konnte sich an ein Ostern ohne Gottesdienste erinnern. Und inmitten der Dunkelheit brannten die Osterkerzen bei vielen zu Haus. Der Bund, den Gott mit uns geschlossen hat, steht fest. Er lässt uns immer wieder spüren, dass er uns trotz Verlusten und Sorgen nicht vergessen hat.

Der Bund, die persönliche und sichtbare Beziehung zu Gott, beginnt mit der Taufe. Durch die Taufe beginnt das neue Leben, die neue familiäre Beziehung zu Gott. Oft verliert die Taufe ihre entscheidende Bedeutung für uns, aber Gott steht weiterhin hinter seiner Verheißung.

In der Kirche auf dem Schwanberg erinnert dieses sprudelnde Wasser an den Anfang. Die Taufe ist nach Luther ein lebenslanges Zeichen dafür, dass wir gerettet sind. Jetzt sind wir kurz davon, dass wir ein weiteres Zeichen des Bundes bekommen. In sieben Tagen ist Pfingsten, die Überströmung des Heiligen Geistes. Diese göttliche Kraft ist uns nicht entzogen.

Gott kommt in einer geheimnisvollen Weise und setzt sich in unseren Herzen. Ich bemerke dann jeden Tag, dass ich mitten in der Unsicherheit kleine Wunder erlebe. Mitten in der Traurigkeit tröstet mich die Natur mit ihrer tiefen Überlebenskraft. Jeden Tag darf ich trotz aller Einschränkungen gutes tun.

Der Bund Gottes hält mich, gibt mir Sicherheit und Stärke.

Ihre Vikarin Eszter Huszar-Kalit


Rogate

Regenbogen
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Dein Reich komme, so beten wir im Vaterunser.

Auf uns ist ja schon eine Menge zugekommen in den letzten Wochen, am Anfang war alles noch in China und weit weg, dann kam Corona immer näher, vielleicht sogar hinein in den eigenen Familien- oder Freundeskreis.

Wieviele Schlagzeilen alleine mit dem Stichwort „kommen“ verbunden sind oder waren! Kommt die 2. Krankheitswelle? Kommt die Maskenpflicht? Die Ausgangssperre...

Es kam ein Klopapierengpass, was war das für ein Drama, wir schmunzeln, wenn wir zurückdenken. Aber die Hamsterkäufe waren ja Ausdruck einer ganz großen Unsicherheit: was kommt da auf uns zu?

Und dann kamen die ganzen Verschwörungstheorien, die Untergangsszenarien. Bei allem, was schon gekommen ist oder noch kommen kann, da wird es einem schon Angst und Bange…

Und Jesus betet: Dein Reich komme! Er will uns sagen: Verliert nie das eigentliche Ziel aus den Augen! Gottes Reich wird kommen, und das soll euch nicht Angst und Bange machen, im Gegenteil!

Seit Jesu Bergpredigt beten Christen das Vaterunser. Wir Christen warten darauf, beten darum, wissen, dass Gottes Reich kommt. Wir beten damit um Erlösung und Gerechtigkeit für alle, um das Leben, geschenkt von Gott, der die Quelle des Lebens ist. Wir rufen das Heil zu uns, und nicht das Unheil, wie so viele, die derzeit auf die Straße gehen.

Das Leben kann freilich manchmal grausam sein und so dunkel, dass Menschen den Blick auf das Reich Gottes verlieren und kaum mehr beten können: Dein Reich komme. Wir müssen es dann für sie mitbeten. Es gibt aber auch Menschen, die wir bewundern, weil sie selbst in der größten Krise leben können und andere neben sich sehen können. Oft sind es Menschen, die um dieses Ewige, um das Reich Gottes wissen. Es sind Menschen, die wissen: alles wird gut – egal wie es ausgeht… weil Gottes Reich kommt. Amen
 
Bleiben Sie behütet und gesund, 
Ihre Pfarrerin Martina Buck


Jubilate

Kirche
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Beim Blick in die Natur fällt es uns leicht, das Neue wahrzunehmen, das wächst und aufblüht, da fällt es uns auch leicht, den Schöpfer dafür zu loben: Es grünt und blüht in aller Pracht, der Regen tut sein Übriges. Aber wir Menschen lechzen immer mehr nach Freiheit von all den Einschränkungen und wir sehnen uns nach Gemeinschaft, dass wir uns einfach wieder in den Arm nehmen können, wenn wir uns sehen. Neu und wunderbar fühlt es sich nicht an und zum Jubeln ist uns nicht wirklich zumute.

Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur, so schreibt Paulus. Aber was meint er damit, wie sind wir in Christus und was ist dann das Neue?

Das Evangelium liefert uns einen Hinweis: ein Wort, das darin ganz oft, nämlich siebenmal, vorkommt, ist das Wort „bleiben“. 

Bleib in mir - Jesus sagt damit: Du Mensch kannst mit all deinen Sorgen und Ängsten zu mir kommen, dich bei mir ausruhen. Du wirst Trost und den Halt finden, nach dem sich dein Herz sehnt. Für dich und dein Leben habe ich Verständnis und biete dir meine Hilfe an.

Jesus sagt damit auch: Egal, wie weit du dich von mir, der Quelle des Lebens, entfernt hast, die Tür zum Wiederkommen, zur Heimkehr und zum Bleiben bei mir steht dir ganz offen. 

Seit Karfreitag und Ostern ist zudem deutlich geworden: Das Bleiben umfasst alle Facetten des Lebens, die Freude wie das Leid, den Jubel wie den Klageruf.
Es geht also nicht nur ums Zuhausebleiben in dem Sinne, dass wir nicht verreisen können und nur für nötige Wege das Haus verlassen dürfen. Es geht darum, die innere Heimat nicht zu verlieren. Das Bleiben wendet sich so ins Positive: Ich bleibe bei dem, der mich liebt. Das gilt für beide Seiten, für Christus und für mich. 

Diese Verbundenheit macht mich neu, immer wieder! Wenn ich dran denke, oder wenn ich mich darüber freuen, singen und jubeln kann, wenn ich Kraft aus dieser Verbindung ziehen kann, wenn ich dann auch Neues schaffen kann zum Wohl der anderen. 

Bleiben Sie behütet und gesund, 

Ihre Pfarrerin Martina Buck

In diesem PDF finden Sie auch noch die Lesung und ein Gebet.

Audiobotschaft von Pfarrerin Martina Buck und Pfarrer Ulrich Kampe


Misericordias Domini

Hirte
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Das Bild von den Schafen mit dem Hirten ist eines, das ganz unterschiedliche, manchmal auch widersprüchliche Reaktionen hervorruft: 
Manche rufen empört: „Ich bin doch kein Schaf!“, und schon gar kein blödes. Doch Forscher an der Universität Cambridge fanden heraus, dass Schafe weitaus klüger sind als gemeinhin geglaubt. Sie können sich hervorragend räumlich orientieren, sich sehr gut an ihre Umgebung erinnern und sogar menschliche Gesichter erkennen und unterscheiden. Ihr Gedächtnis ist außergewöhnlich. Selbst nach Jahren der Trennung erkennen sich befreundete Schafe wieder. Es ist also ein passender Vergleich, den Jesus hier zieht: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir.“ Schafe folgen nicht jedem Hirten. Sie können durchaus unterscheiden, wer ihr Hirte ist.

Vielleicht erinnern wir uns auch wehmütig ans Schäferfest in Hochmutting im letzten Jahr, als während des ökumenischen Gottesdienstes ein Lämmchen geboren wurde und wir unbeschwert gemeinsam feiern konnten. Wir spüren unsere Sehnsucht nach „der Herde“, nach den anderen, nach Gemeinschaft. Und auch die Sehnsucht nach Halt, nach Geborgenheit, danach, dass uns jemand beschützt und aus dieser Zeit der Krise führt. Wir stellen freilich fest, dass wir Menschen den Weg aus der Krise nicht kennen, alle menschlichen Wege sind momentan nur für kurze Wegstrecken überschaubar und Entscheidungen bleiben fehlbar. Der Gedanke, dass Gott uns durch diese Krise führt, und sei der Weg auch noch so schwer und finster, hilft, weil wir ihn an unserer Seite wissen.

Und noch ein Stichwort ist derzeit in aller Munde: Die „Herdenimmunität“ ist in der Corona-Krise als Alternative zur Ausgangssperre diskutiert worden. Schule, Kitas, Läden bleiben offen, man lässt die Infektion eines Großteiles der Bevölkerung zu – und nimmt Tote in Kauf. Das Modell der Herdenimmunität geht also davon aus, dass ein Teil der Herde, vor allem die Älteren und Schwächeren, verlorengeht. Das ist nicht das, was Jesus will. Er kümmert sich um jedes Schaf, das verlorengeht und nicht mehr mitkommt. Nur so kann er ein guter Hirte sein, nur so können wir ihm vertrauen und folgen.

Bleiben Sie behütet und gesund, 

Ihre Pfarrerin Martina Buck

In diesem PDF finden Sie auch noch die Lesung und ein Gebet.

Ökumenisches Wort zum Sonntag

Vielleicht haben Sie sich schon über die Audiobotschaften von Pfarrer Uli Kampe und Pfarrerin Martina Buck gewundert, die hier auf der Homepage stehen. Vor allem, weil die an die „Oberschleißheimer in der Parksiedlung“ gerichtet sind! Diese Botschaften sind aber tatsächlich in der Parksiedlung am Sonntagabend um 18 Uhr zu hören, und zwar über große Lautsprecher von Bernd Steinert. Es wird auch immer Musik gespielt, die die Menschen in dieser schweren Zeit erfreuen will. Und so wurden eben auch die beiden Pfarrer gefragt, ob sie nicht auch einige Worte an die Menschen richten möchten. In großer ökumenischer Verbundenheit und auch in Verbindung über die Religionsgrenzen hinweg haben beide Pfarrer die Gelegenheit aufgegriffen, an alle Worte des Trostes und der Hoffnung weiterzugeben.


Quasimodogeniti

Blühender Baum
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Zum Glück dürfen wir hier in Deutschland trotz Kontakverbot in der Natur spazieren. Die Natur bezaubert uns gerade mit einer atemberaubenden „Vorstellung”. Ich hoffe, die, die in der Wohnung oder im Heim bleiben müssen, erleben durch die Fenster auch einen Teil dieses imposanten Wunders. Die Bäume haben ihr Festkleid angezogen, das nicht nur strahlendes Grün ist, sonder oft mit weißen oder rosa Blüten geschmückt ist. Die Wiesen und Parks sind voller Blumen. Die Privatmusiker des Schöpfers, die Vögel, die Haydn, Vivaldi, Bartók und viele andere inspiriert haben, verzaubern uns mit Ihren Liedern. Mit Überraschung habe ich festgestellt, dass einige Knospen letze Woche in der Kälte gefroren sind. Die Pflanzen regenerieren sich aber und bringen an anderen Stellen neue Knospen.

Unser Bibeltext für heute lädt uns ein, nach oben zu schauen, die Natur und den Himmel zu bewundern. Wenn alles unten so mühsam und unberechenbar geworden ist, ist es erlaubt, die freie und gut duftende Luft der Natur tief einzuatmen. Was sehen wir da oben? Wir sehen bestimmt Blätter und Tiere, die genau beschreibbar sind. Sehen wir hinter dieser „Vorstellung” den Schöpfer? Wir bemerken, dass das Leben trotz des Naturgesetzes des Todes kreativ und unerschöpflich aus der Tiefe wieder erwacht. Diese Tage sind eine Einladung, das naturwissenschaftliche Weltbild mit dem biblischen Weltbild in Einklang zu bringen.

Regenbogen
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Unsere Seele darf sich daran festhalten, dass das Leben von Gott, von der großen, unerforschlichen Energie des Schöpfers getragen ist. Nicht nur das leere Kreuz verkündet, dass Gott nicht das Leid herrschen lassen möchte. „Die Regenbögen gegen Corona“, die man gerade deutschlandweit sehen kann, sind die uralte Zusage Gottes: Es wird alles gut. Es wird gut, auch wenn nicht alles nach unserer Vorstellung passieren wird. Wir wollen zum Beispiel selber sehr schwer zugeben: Wir sind auch müde und matt. Die Verlängerung des Kontaktverbots macht uns noch müder und matter. Unser Wissen über die gute Absicht Gottes darf uns aber eine neue Grundlage schenken. Aus dieser Basis erwächst neue Kraft und Kreativität, mit dieser Zeit und unseren Mitmenschen weiter verantwortungsvoll und liebevoll umzugehen. Lasst uns auf den Herr beharren und jeden Tag, wie ein Gebet, die Luft des Himmels einatmen und mit dem Jünger Thomas tief beeindruckt sprechen: „Mein Herr und mein Gott.“

Bleiben Sie behütet und gesund, 
Ihre Vikarin Eszter Huszar-Kalit

In diesem PDF finden Sie auch noch die Lesung und ein Gebet.

 Audiobotschaft von Pfarrerin Martina Buck und Pfarrer Ulrich Kampe


Palmsonntag

Jesus zieht in Jerusalem ein, die Menschen jubeln ihm zu, so war es damals, heuer wäre der Einzug abgesagt, zuviele Menschen, zuviel Kontakt! Und auch die Salbung in Bethanien wäre nicht möglich, das Unterkommen und Essen bei Freunden, eine fremde Frau, die Jesus berührt und salbt. Wir lesen heuer diese Geschichten unter dem Vorzeichen der Corona-Krise.

Diese Geschichten zeigen uns aber auch, wie sehr Jesus einer von uns war, auf Begegnung, ja auf Körperkontakt angewiesen war. Selbst die Jünger damals murrten, freilich aus anderen Gründen. Das Geld, das die Frau für das Nardenöl ausgegeben hat, hätte vielen Armen geholfen. Jesus aber lässt dieses Berührtsein zu. Er braucht diese Nähe im Angesicht des Todes, der Duft dieses Öles wird ihn durch die kommenden Tage tragen, der erdige, warme und tiefe Duft des Nardenöls, das bis heute das Herz beruhigt, das übermäßige Grübeln verringert und so zu innerem Frieden verhelfen kann.
 

Salböl
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Aber auch die Frau braucht diese verschwenderische Liebe, diese Liebe im Überfluss im wahrsten Sinne. Jesus war der unbekannten Frau so wertvoll, so lieb und teuer, dass sie alle Etikette außer acht ließ und die Mahlgemeinschaft gesprengt hat, um ihr kostbares Öl über sein Haupt zu gießen.

Sie tat ihm gut. Und dann sagt Jesus noch etwas: Wo das Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie getan hat.

Das, was die Frau getan hat, ist also wichtig für das Verständnis des Evangeliums, es ist auch wichtig für unseren Glauben! Denn verschwenderische Liebe gehört zum Evangelium dazu. Es verdankt sich ja selbst einer verschwenderischen Liebe, der Liebe Gottes. Gott berechnet seine Liebe nicht, um sie dann wohldosiert auszuteilen. Gott liebt, ohne abzuwägen, bei wem sich seine Liebe lohnen würde und wo sie vielleicht vergebliche Liebesmühe wäre.

So von Gottes grenzenloser Liebe getragen gehen wir in und durch diese Karwoche, wir können uns fragen, wie unsere überfließende Liebe zu Gott, zu Jesus Christus aussieht, und wie wir den Menschen gerade jetzt, wo unsere Kontaktmöglichkeiten so eingeschränkt sind, liebevoll begegnen können.

Bleiben Sie behütet und gesund, Ihre Martina Buck

In diesem PDF finden Sie auch noch die Lesung und ein Gebet.

Audiobotschaft von Pfarrerin Martina Buck und Pfarrer Ulrich Kampe zum Palmsonntag:


Judika

Immer wieder gibt es in unserem Leben Zeiten, die sich wie eine Strafe anfühlen. Lebensbedrohende Angst, große Verluste, Trauer um Menschen oder Träume bringen uns in Situationen, in denen wir Gott anschreien und unser vermeintliches Recht auf etwas Besseres einklagen wollen. Das Urteil des Schicksals schmerzt und es kommt uns vor, als wären wir in der Wüste. 

Die Corona-Krise ist auch ein Einschnitt in unserer Geschichte, sie ist auch eine Wüstenzeit. Diese Zeiten werfen immer wieder große, existentielle Fragen auf: Was gibt mir die Kraft, dass ich trotz der großen Unsicherheit, trotz der Bedrohung und einer Welt, die auf eine harte Probe gestellt wird, zuversichtlich bleibe?
 

Perle
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Wir kennen die Wunder der Perlen. Eine Muschel bildet eine Perle als Abwehrmechanismus gegen Fremdkörper. Der Sand der Wüste schmerzt das Leben, aber mit der Zeit entwickelt sich ein kostbarer, kräftiger Schatz. 

Die Zeit mit Corona ist für uns alle eine schmerzhafte Erfahrung. Wir wissen aber, dass das Leid, die Zeit der Passion uns nicht vernichten kann. Wir sind in den Händen unseres Meisters, unseres ewigen, mitleidenden und barmherzigen Gottes, der uns auch in der tiefsten Dunkelheit erhält.

Die Wüste und damit auch unsere letzten zwei Wochen in der Fastenzeit sind etwas Kostbares. Die Perle, die feste und kreative Liebe zu unserer Familie und unseren Mitmenschen, der hoffnungsvolle Lebensmut, die fröhliche Bereitschaft anderen zu dienen und das standhafte Vertrauen in Gott können sich in dieser Zeit wunderbar entwickeln. Ein wichtiges Werkzeug haben wir dazu bekommen: das Wunder des Gebets. Lasst es uns neu entdecken. Ein Armband, wie die Perlen des Glaubens, oder unsere ganz einfache Ehrlichkeit können uns dabei helfen. Gott ist bereit, unsere Klage, Dank, Unsicherheit und Sorgen anzunehmen.

Amen.

Ihre Vikarin Eszter Huszar-Kalit

In diesem PDF finden Sie auch noch die Lesung, den Wochenspruch und ein Gebet.


Lätare – Freuet euch, heißt es mitten in der Passionszeit!

Aber mit der Freude ist derzeit nicht weit her. Die Kontakte sind eingeschränkt. Das Leben findet nur noch im kleinen Kreis statt. Die Sorge um die Familie, um andere Menschen hier in Oberschleißheim, um unser Land bedrängen uns.

Da hinein wird ein Strauß mit Zweigen und Bändern gestellt – ein Strauß der Freude mitten im Leid, ein Lätare-Strauß in der Passionszeit.Der Strauß soll Freude machen, nicht nur ablenken. Er soll Freude machen, weil Gott selbst uns nahe ist, auch im Leid.
 

Lätarestrauß
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Drei Zweige hat der Strauß, drei Bänder und drei Brezen. Die Zweige mit den Knospen stehen dafür, dass das Leben siegt. Wir bleiben nicht gefangen im Leid und der Sorge, sondern bekommen Hoffnung und Zukunft. Die Bänder stehen für die noch kommenden Sonntage der Passionszeit – rosa für den Sonntag Lätare, auch „Klein-Ostern“ genannt, die violetten Bänder stehen für die Passionssonntage, die noch kommen. Die Brezen – in Form einer Acht – stehen für die Ewigkeit Gottes. Er ist da für uns und sorgt für uns – von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Normalerweise muss man den Lätare-Strauß verschenken, um anderen eine Freude zu machen und die Hoffnung auf Gott weiterzusagen. Das können wir derzeit nicht machen. So will ich eben auf diesem Wege mit Ihnen, mit Euch die Hoffnung teilen, und die Dankbarkeit darüber, dass Gott uns trösten will wie eine Mutter. Dieses Wort des Propheten Jesaja möge uns durch diese Woche begleiten.

Ihre / Eure Martina Buck